13. Mai 2025
Artikel teilen LinkedIn Mail

Chirurgen des Klinikums Friedrichshafen operieren verletzten ukrainischen Soldat

Erster verletzter ukrainischer Soldat im Klinikum Friedrichshafen behandelt

Zum ersten Mal seit Beginn des Kriegs in der Ukraine wurde im Klinikum Friedrichshafen jetzt ein verletzter und traumatisierter Soldat der ukrainischen Armee versorgt. Vor wenigen Wochen wurde er sowohl durch Minen als auch durch eine Drohne schwer am Unterarm und an seinen Augen verletzt.

Seit Beginn des Krieges wurden mehr als 1000 verwundete ukrainische Soldaten nach Deutschland evakuiert, das bereits frühzeitig zugesagt hatte, Verletzte zur Behandlung in Deutschland aufzunehmen. „Medical Evacuation“ (MEDEVAC) wird seit 1870 weltweit praktiziert und bezeichnet die Evakuierung kranker oder verletzter Personen, die eine medizinische Versorgung benötigen, auf dem Landweg, per Schiff oder per Flugzeug. Mit Kosten von rund 50 Millionen Euro rechnet die Bundesregierung insgesamt für die Versorgung der Ukrainer.

Verteilung der Patienten nach dem Kleeblattprinzip

„Verteilt“ werden die ausgeflogenen Soldaten im „Kleeblattprinzip“, erläutert Prof. Dr. Ludwig Oberkircher, Chefarzt der Unfallchirurgie, orthopädischen Chirurgie und Endoprothetik, die Teil des Traumanetzwerkes ist. Das Kleeblattprinzip wurde im Frühjahr 2020 im Rahmen der Corona-Pandemie erarbeitet, um eine regionale Überlastung der Intensivkapazitäten der Krankenhäuser zu vermeiden. Alle drei bis vier Wochen und immer dann, wenn weitere Verletzte ausgeflogen werden, gibt es eine Anfrage an die verschiedenen Krankenhäuser in Deutschland, die zuvor gemeldet haben, was sie behandeln können. Das hat auch das Team von Prof. Oberkircher getan und angeboten, Patienten zu übernehmen.

Komplexe Versorgung der Armverletzung

So kam der bald 33-Jährige aus Odessa ins Klinikum Friedrichshafen mit einem Fixateur, der zur externen Fixierung der Brüche an seiner Elle eingesetzt wurde, um die Knochen möglichst in der richtigen Position zu halten. In Friedrichshafen angekommen, haben die Traumatologen bald festgestellt, dass nicht mehr alle Knochen zu retten sind. Sie haben sich dafür entschieden, Knochenersatz an die intakten Knochen anzuschrauben, alles mit einer langen internen Platte zu schienen und so die Durchblutung der „neuen“ Elle sicherzustellen. Doch das war nur ein Teil der Problematik am Unterarm, der schmerzte und nicht richtig funktionierte. Der Annahme, dass ein Nerv durch die Explosion durchtrennt wurde, ging Dr. Michael Ruggaber, Chefarzt der Plastischen und Ästhetischen Chirurgie und Handchirurgie, nach. Der Nerv war eingeengt und dadurch gelähmt, es erfolgte also die operative Dekompression des Nervs. Im Anschluss begann die tägliche Krankengymnastik als begleitende Therapie.

Bezüglich der Augenverletzung wurde der Patient in der Augenklinik der Universitätsklinik Ulm vorgestellt und dort mitbehandelt.

Unterstützung durch Mitbürger und Helfer

Immer wieder bekommt der Soldat, dessen Name zu seinem Schutz nicht genannt werden darf, Krankenbesuch von Landsleuten, die Mitarbeitende des Klinikums sind, aber auch von freiwilligen Helfern, die meist selbst Flüchtlinge aus der Ukraine sind. Von ihnen wird er mit allem versorgt, was er zusätzlich zur Klinikbetreuung braucht und mit ihnen sowie mit seinen ehrenamtlichen Medevac-Betreuern Alina und Christoph Mezger spricht er in seiner Muttersprache. Im Gespräch mit den behandelnden Ärzten und Pflegekräften hilft ein digitales Übersetzungsprogramm. Christoph Mezger ist sehr zufrieden mit der engagierten und einfühlsamen Betreuung des ukrainischen Patienten im Klinikum Friedrichshafen. Aber auch die Stadt Friedrichshafen und das Landratsamt Bodenseekreis haben sich „hervorragend und vor allem unbürokratisch eingesetzt“, so Mezger.

Rückkehr in die Heimat noch ungewiss

Wann der Soldat wieder in seine Heimat fliegen wird, steht bisher nicht fest. Solange aber werden sich Christoph Mezger und seine Frau Alina, die selbst über 21 Jahre in der Ukraine lebten und wegen des Krieges zeitweise in Deutschland sind, weiter um ihn kümmern.