27. November 2025
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In einem Klassenraum sitzt die ganze Welt

Barbara Fülle (Vierte von links) mit einigen ihrerDeutsch-Schüler des Klinikums Friedrichshafen. Bild: MCB

„In einem Klassenraum sitzt die ganze Welt“. Mit diesen Worten beschreibt die Inlingua-Deutschlehrerin Barbara Fülle ihre Schülergruppe am Klinikum Friedrichshafen. Jeden Donnerstag zwischen 12.30 und 15.30 Uhr unterrichtet sie die zehnköpfige Gruppe von Pflegeschülern aus aller Welt, deren Sprachkenntnissen noch ein bisschen Nachhilfe benötigen.

Kooperation zwischen Inlingua und dem Klinikum

Schon vor der Pandemie arbeiteten die Sprachschule Inlingua, in der Barbara Fülle angestellt ist, und das Klinikum zusammen. Die sehr positiven Erfahrungen in der Kooperation – damals ging es um Deutschunterricht für Ärzte – haben beide wieder zusammengeführt. Unterstützt werden die Deutsch-Kurse übrigens vom Bundesamt für Migration, sodass die Teilnahme kostenlos ist.

Seit September ist Barbara Fülle also wieder im Krankenhaus tätig und stellt sich auf die Pflegekräfte ein. Für diese ist es unumgänglich, die sprachlichen Grundlagen zu beherrschen und sich mit den Patienten zu unterhalten: „Falsch sprechen ist besser als gar nicht sprechen, vor allem für die Patienten“, verrät die Lehrerin ihr Credo. Barbara Fülle weiß, wie beruhigend auf Patienten einfache Gespräche oder auch das Erklären der nächsten Untersuchungen wirken. Pflegekräfte sind aber auch dann unverzichtbar, wenn es um emotionale Nachrichten an Patienten oder Angehörige geht. Ganz abgesehen davon, dass Pflegekräfte sprachlich insgesamt sehr viel leisten müssen. Nicht nur eine Beziehung zu den Patienten aufzubauen ist wichtig, sondern auch das richtige Erklären, Dokumentieren und Berichten zum Beispiel bei der Übergabe an Kollegen ist entscheidend.

Deutschunterricht für mehr sprachliches Selbstbewusstsein

„Meine Aufgabe ist es nicht nur, ihnen Deutsch beizubringen, sondern auch den Schülern den Rücken zu stärken und ihnen mehr sprachliches Selbstbewusstsein zu geben“, erklärt die motivierte Lehrerin und erinnert sich an eine Situation vor Kurzem: Die Schüler übten hochmotiviert Standardsätze mit Präpositionen und strengten sich mächtig an. Eine Woche später erzählte eine Schülerin glücklich und dankbar, dass diese Übung sie motiviert habe, mit den Patienten zu sprechen und wie viel Spaß ihr das gemacht habe. Nicht nur ein toller Erfolg, sondern auch Barbara Fülles schönstes Ereignis bisher. „Das Ziel ist die Kommunikation und kein perfektes Deutsch“, betont Barbara Fülle. Entsprechend wählt sie auch ihre Unterrichtstechniken aus. Bei Inlingua lernen fast alle Schüler generell mit Beispielen. Eine Methode dafür ist die Szenario-Technik, die wie ein Rollenspiel aufgebaut ist: Drei Schüler schlüpfen in die Rolle einer Person und üben das Gespräch, dessen Inhalt vorgegeben ist, dann in ihrer Rolle. Die Methode ist erfolgreich, weil sie praxisnah ist und den wiederholenden Charakter der Sprache übt.

Barbara Fülle bezeichnet ihren Job als „sinnerfüllend“. Durch ihre jahrelange Erfahrung kann sie mittlerweile Sprachmuster erkennen, wodurch es ihr leichtfällt, die Schüler individuell zu fördern. Obwohl „hineindenken, zuhören und herauszufinden, was ein Schüler braucht, die größte Herausforderung ist“, sagt Barbara Fülle.

Seit zehn Jahren arbeitet die studierte Lehramts-Germanistin und Theologin in diesem Beruf und steht kurz vor ihrem Renteneintritt. Vorläufig will sie diesen Schritt aber noch nicht gehen. Denn: „Warum soll ich aufhören zu unterrichten, wenn ich doch gesund bin und es mir solchen Spaß macht?“