23. Oktober 2025
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Fahrschule zur Brustuntersuchung

Brustkrebszentrum Bodensee ist Kooperationspartner des Interreg-Forschungsprojektes MammAware

MammAware-Projektleiter Dr. Hubert Jocham (links) und Dr. Hans-Walter Vollert beim Aktionstag an der FH Vorarlberg. Bild: MCB

„Haben Sie heute schon ohne irgendeinen besonderen Grund - das Projekt ausgenommen - an ihre Brüste gedacht?“ Mit dieser Frage ans Publikum begann dieser Tage die MammAware-Projektvorstellung an der FH Vorarlberg in Dornbirn. Nur wenige Hände gingen hoch, dabei konnte man sich sicher sein, dass jeder im Raum an diesem Tag irgendwann an seine Brust gedacht hatte. Und genau darauf zielt das Projekt ab: Brustbewusstsein schaffen und Frauen sowie Männer zum Thema Vorsorge sensibilisieren.

Kooperationspartner und Projektziele

Bei diesem länderübergreifenden Projekt kooperieren mit der FH Vorarlberg das Brustkrebszentrum Bodensee-Standort am Klinikum Friedrichshafen, die Firma Kabetec, die Österreichische Krebshilfe Vorarlberg und die Organisation „Discovering Hands Deutschland“. Das dreijährige Projekt wird kofinanziert von der Europäischen Union und ist ein Non-Profit-Projekt. Ziel ist es, Virtual Reality-Brillen (VR-Brillen) zu entwickeln, mit deren Unterstützung Frauen und Männer das Abtasten der Brust lernen können.

Glücklich stellt das Team seine bisherige Arbeit vor: Sobald man die Brille aufsetzt, sieht man einen nackten weiblichen Oberkörper. Direkt daneben erscheint eine Person, die nun genau erklärt, welche Handbewegungen zum Brustabtasten zu machen sind. Gleichzeitig werden Pfeile eingeblendet, die die Bewegungsrichtungen beim Abtasten verdeutlichen. „Selbsterklärend und einfach gut einsetzbar“, findet Chefarzt Dr. Hans-Walter Vollert, Leiter des Brustzentrums Friedrichshafen. „Die VR-Brillen können ohne großen Aufwand in Praxen oder Brustzentren eingesetzt werden“, so der Forschungs-Kooperationspartner begeistert. Denn eine einfache Nutzung ist beim Thema Vorsorge entscheidend. Die VR-Brillen gelten laut Dr. Frank Hoffmann, Gründer von Discovering Hands, als „Fahrschule“ zur Brustuntersuchung. „Es geht um Prävention, weil die richtige Selbstuntersuchung eine sehr effektive Präventionsmaßnahme ist.“

Brustbewusstsein und Körpergefühl

Immer wieder wurde betont, wie wichtig Brustbewusstsein und ein gutes Gefühl für die eigenen Brüste und den ganzen Körper sind. Ein gutes Gefühl zu entwickeln, ist häufig schwierig für Frauen, da sich die Brüste erst in der Pubertät entwickeln – also in einer Phase, in der manche ohnehin Probleme mit ihrem Körpergefühl haben.

MTUs: Blinde Frauen als Tast-Expertinnen

Eine andere Art der Vorsorge, die von dem Projekt unterstützt wird, sind die MTUs (Medizinisch Taktile Untersucherinnen). Diese blinden oder stark sehbehinderten Frauen tasten nicht nur ab, sondern bringen es auch anderen bei. Sie geben mittlerweile viele Kurse, untersuchen aber auch Patientinnen und Patienten im Rahmen des Betrieblichen Gesundheitsmanagements, in Praxen, Brustzentren und sogar privat. Ein Ziel dieses Projektes ist es, neue Untersucherinnen zu gewinnen und in Kooperation mit Discovering Hands auszubilden. Das Projekt führt hierbei zwei zentrale Themen zusammen: Brustbewusstsein und die Wiedereingliederung beeinträchtigter Menschen in den Arbeitsmarkt. Diese Wiedereingliederung ist für die Sozialkassen von großer Bedeutung, da sie diese mit bis zu 750.000 Euro pro Jahr entlastet.

In einem Jahr wird klar, wie sich das Projekt weiterentwickelt hat und welche neuen Ergebnisse es gibt.